Grafitti meets Gründerhaus

Die Familie von Prenzlschwäbin Bärbel Stolz baute ein ungenutztes Dachgeschoss in Berlin nach ihren Wünschen aus.

Fotos: Velux
Redaktion: Inka Gösmann

Die alten Steine der Brandmauer wurden rund um die erhaltenen Graffiti weiß getüncht – so wirken sie wie gerahmt.

Über kaum einen anderen deutschen Stadtteil wird so viel gelästert wie über Prenzlauer Berg in der Mitte Berlins. Trotzdem ist er nach wie vor einer der beliebtesten Stadtteile der Hauptstadt. Besonders um den Helmholtzplatz herum ist das Gedränge groß und die Chance, eine den eigenen Wünschen und Vorstellungen entsprechende Wohnung zu finden, nahezu aussichtslos. Die aus Schwaben stammende Schauspielerin Bärbel Stolz zog bereits Mitte der 90er nach Berlin und fand im damals noch als Geheimtipp geltenden Prenzlauer Berg ihr neues Zuhause. Mittlerweile hat sie auf YouTube als „Die Prenzlschwäbin“ einen großen Fanclub. Mit ihrem Mann, dem Regisseur Sebastian Stolz, war sie auf der Suche nach einer größeren Wohnung für die mittlerweile vierköpfige Familie. Für die beiden gab es daher kein langes Überlegen, als ihnen das unausgebaute Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses aus der Gründerzeit in einer der Seitenstraßen des Helmholtzplatzes zum Kauf angeboten wurde.

Klar, dass ich als Prenzlschwäbin auch im Prenzlauer Berg ­wohnen muss“, sagt Bärbel Stolz.

Coole Kunst

Bereits in den 1990er Jahren wurde der U-förmige Dachboden für einen Ausbau vorbereitet. Aus dieser Zeit stammen wohl auch die Graffitis, die ein junger Hausbewohner an dem nackten Ziegelmauerwerk der Brandmauer hinterließ. Schnell waren sich Bärbel und Sebastian Stolz einig: Die Graffitis sollten bleiben. Eines ist gleich beim Betreten der Wohnung zu sehen.

Die Fenster bringen Tageslicht in die Kinderzimmer. An langen Sommerabenden helfen verdunkelnde Rollos beim Schlafen.

Hier finden sich auf zwei gegenüberliegenden Seiten bodentiefe Fassadenfenster und Balkone. Weiß geöltes Eichenparkett und im Ton passende, dezent gemusterte Zementfliesen in der Küche betonen zusätzlich Helligkeit und Großzügigkeit des 60 Quadratmeter großen Wohn-, Ess- und Kochbereichs. Lediglich eine Säule trennt den Küchenbereich als Dachstütze vom Essbereich ab. Dem Essbereich schließt sich der lange Flur im Seitenflügel des Hauses an, von dem man in die beiden Kinderzimmer und das dazwischenliegende Badezimmer gelangt. Auch hier ziert ein buntes Graffiti die ansonsten weiße Wand. Danach geht es um die Ecke zu den Räumen der Eltern im Hinterhaus: Durch das große Bad gelangt man in das Schlafzimmer und das dahinterliegende Ankleidezimmer der Eltern. In diesen beiden Hausteilen blieb die alte klassische Berliner Dachform mit Kombination aus Schräg- und Flachdach erhalten. Beide Dachformen nutzte der Architekt, um die Zimmer großzügig mit Tageslicht zu versorgen: In allen Zimmern im Seitenflügel und Hinterhaus gibt es große Lichtlösungen oder Dachfenster. Der Flur und das Elternbad werden sogar zusätzlich von oben durch Flachdach-Fenster mit Licht und Luft versorgt. „Flure sind ja oft die Stiefkinder der Wohnungen und eher dunkel“, findet Architekt Marcus Schröger. „Durch die üppige Belichtung mit Tageslicht durch die Flachdach-Fenster kann der lange Flur allerdings wie ein zusätzlicher Raum genutzt werden“. Dank elektrischem Antrieb wird dieses Flachdach-Fenster ganz bequem per Fernsteuerung geöffnet.

Hitze im Dachgeschoss?

Der helle Flur eignet sich hervorragend als „Rennstrecke“ für die Dreiräder der Kinder.

Viel Platz und Licht sind nicht die einzigen Wünsche im Dachgeschoss. Gerade im Sommer können Dachwohnungen schnell aufheizen. Um das zu verhindern, ist eine gute Wärmedämmung entscheidend. Außenliegende Hitzeschutz-Markisen an Fenstern tragen zur angenehmen Temperatur im Dachgeschoss bei. Die sehr gute Dämmung und annähernd luftdichte Bauweise hat auch einen Nachteil: Sie verhindert, dass ein Luftzug durch ehemals undichte Fugen oder Ritzen dringt. So entweichen Feuchtigkeit oder Schadstoffe in der Luft nicht mehr automatisch aus dem Raum. Damit ist das Lüften umso wichtiger: Auf der Suche nach einer platzsparenden und wartungsarmen Lösung entschied sich Familie Stolz für eine dezentrale Lüftung mit Fensterlüftern, bei der das Lüftungselement in einem Markisenkasten am Dachfenster integriert ist und ausreichender Luftwechsel bei jeder Witterung garantiert ist. Natürlich kann Familie Stolz trotzdem auf die „alte“ Art lüften – zum Beispiel nach dem Duschen, um die feuchte Luft schnell durch die weit geöffneten Fenster aus dem Badezimmer heraus zu befördern oder nach einem heißen Sommertag, um frische, kühlere Abendluft hereinzulassen. Ob an heißen Sommertagen oder in kalten Winterstunden, die Prenzlschwäbin und ihr Mann sind sich einig: Sie haben eine Traumwohnung in einer Traumlage.

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