Fotos: Michael Mesick / Syspro
Redaktion: Inka Gösmann
Februar in Schwalldorf, ein kleines Dorf am Rande der schwäbischen Alb – wo es sonst ruhig zugeht, ist heute ordentlich Stimmung. Die Narren sind los und ziehen im Fasnetsumzug durch die Straßen. Dabei kommen sie am Haus der Familie Freund vorbei, ein besonderes Highlight in diesem Jahr. Denn heute ist die 3,80 Meter breite und 4,50 Meter hohe Durchfahrt zur Narrendisco geworden. „Mit Nebelmaschine, Discolicht und Musik“, erklärt Familienvater Alexander Freund. Seine Kinder Linda und Maximilian beobachten den Spaß von einem ganz besonderen Punkt. Direkt über der improvisierten Durchfahrts-Bar hat er ein Bodenfenster ins Haus eingebaut. So kann die Familie vom Esszimmer nach unten auf die Straßen gucken.
„Neben der Scheibe habe ich einen Wasserspritzer eingebaut, der die naseweisen Leute, die da öfters mal drunter stehen und hochschauen, nass spritzt“, erklärt der Bauherr in breitem Schwäbisch
Vorstellen kann man sich das Ganze wie eine Bewässerungsanlage. Per Knopfdruck wird durch einen kleinen Schlauch Wasser gespritzt, „im Prinzip wie bei einer Wasserpistole“, erklärt Alexander Freund. „An Fasching hatten die Kinder ihren wahren Spaß damit.“ Wenn niemand Zeit hat, sich auf die Lauer zu legen, kann das Glas per App verdunkelt werden, sodass niemand von unten in den Wohnbereich gucken kann. Sowohl das Panzerglas als auch der Wasserspritzer sind ins Smart-Home-System integriert, das der Elektroinstallateur im ganzen Haus verlegt hat.

Kontrollierter Verbrauch
Beruflich verbaut Alexander Freund tagtäglich Smart-Home-Systeme. Als er zusammen mit seiner Frau Anita die schwere Entscheidung traf, das Bauernhaus seiner Großeltern abzureißen, stand sofort fest, dass er ein smartes Zuhause bauen will. „Klar, hätte ich gerne unser altes Haus behalten und saniert. Die morschen Balken und maroden Mauern konnten wir aber nicht retten“, erklärt er seine Entscheidung. Jetzt hat er das Beste aus beiden Welten: Von den äußeren Abmessungen ist das neue Haus fast identisch mit dem ursprünglichen Hof. Auch die ungewöhnliche Durchfahrt ist geblieben – das war amtlich festgeschrieben. „So eine Konstruktion gibt es in ganz Baden-Württemberg nur zweimal“, erzählt der Bauherr stolz.
LED-Show statt Schweinestall

Innen erkennt man das alte Bauernhaus kaum wieder. Wo früher Kühe und Schweine gehaust haben, ist heute eine Einliegerwohnung untergebracht. Auf der linken Seite des Durchgangs versteckt sich der Eingang zur Wohnung von Familie Freund. Schon die Eingangstür verspricht: Hier findet man alles, nur keinen verstaubten Bauernhof. Der Affe des berühmten „Follow Your Dreams“-Kunstwerks von Banksy ziert die Tür, hinter der sich im Erdgeschoss eine Garage, im ersten Stock ein Gästezimmer und in den beiden oberen Geschossen der Wohnbereich erstreckt. Auch hier werden Besucher von Banksy und seinem „Girl With Balloon“ willkommen geheißen. Die Wohnung spiegelt die Freunds wider: „Wir sind eine coole, verrückte Familie“, sagt Alexander Freund. Das zeigt sich unter dem Dachgiebel. In den eingebauten Luftraum hat der Bauherr ein großes Netz eingespannt. „Die Kinder liegen da oft drin, bekommen die Wärme von unten vom Ofen ab und sind beim Geschehen dabei“, erzählt der Familienvater. Das ist noch lange nicht alles: Den toten Raum unter den Dachgauben hat er zu kleinen Höhlen ausgebaut. Dort können sich die Kinder verstecken und es sich mit Kissen und Decken gemütlich machen. Ein besonderes Highlight: „Ich habe in der Höhle ein RGB-Lichtband installiert, so können sie selber die Farbe einschalten, die sie möchten.“ Alexander Freund ist ein großer Fan von Lichtspielen. Die findet man auch in der Glasbrüstung auf der Dachterrasse und in der großen Regenfalldusche. Gesteuert werden die Lichteffekte über das Smartphone.
Kontrollierter Verbrauch
Der Bauherr freut sich besonders darüber, dass er dank des Systems immer den Überblick behält. Nachdem die Rollläden morgens automatisch öffnen, geht sein erster Weg zum fest installierten Touch-Screen in der Küche. Dort liest er alle Infos zu Temperaturen, Energieverbrauch und Lichtschaltungen ab und kann diese bei Bedarf nach-regeln. Energiesparend zu bauen, war ihm wichtig: „Wenn du eine Luftwärmepumpe hast, solltest du auch Erneuerbare Energie bei der Stromgewinnung nutzen. Wir haben eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach gebaut“, erklärt er. Außerdem hat er einen Holzscheitofen installiert, der als Kamin dient und gleichzeitig mit eingebauter Wassertasche das Brauchwasser für das ganze Haus erhitzen kann. Dank des Smart-Home-Systems kann er die verschiedenen Energiequellen so programmieren, dass sie sich optimal an den Verbrauch der Familie anpassen. Das ist nachhaltig und spart zudem Geld.
Auf Nummer sicher

Auch der Sicherheitsaspekt, den eine intelligente Haussteuerung mitbringt, war für Alexander Freund entscheidend. Er hat eine Videoklingel installiert. „So sehe ich, wer vor der Tür steht, und kann auch von unterwegs an die Sprechanlage gehen oder die Tür öffnen.“ Wenn seine Kinder in ein paar Jahren allein unterwegs sind, werden vergessene Schlüssel kein Problem sein. Sichtbar ist die Technik, die hinter all diesen Funktionen steckt, nicht. Bereits beim Hausbau hat Alexander Freund das BUS-System in den Betonfertigteilen der Wände installiert. Warum er sich für Kabel statt Funk entschieden hat? „Funk kann ich immer noch nachrüsten, wenn ich das brauche“, erklärt der Bauherr. Sicher ist: Mit ihrer erfrischend witzigen und lockeren Art fällt die Familie im kleinen schwäbischen Dorf auf. Aber das Dorf und sein Zuhause erden ihn und geben ihm die Freiheit, genau so zu sein, wie er das möchte.
„Wir heben uns von den anderen ab, sind aber nicht abgehoben“, betont Alexander Freund lachend.
Podcast Hurra wir Bauen – Genial oder verrückt?
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