Grüner Bunker in Hamburg

Fünf pyramidenartige Geschosse und 4.700 Bäume transformieren den historischen Bunker St. Pauli zu einer grünen Oase.

Fotos: Frank Schulze Kommunikation

In den vergangenen fünf Jahren wurde der Bunker St. Pauli, einer der größten Hochbunker Deutschlands, um fünf pyramidenartige Geschosse erweitert und mit 4.700 Bäumen, Gehölzen und Sträuchern, 16.000 Stauden sowie vielen Kletterpflanzen bepflanzt. Es sind sorgfältig ausgewählte Pflanzenarten, die vor allem im nordeuropäischen und alpinen Raum beheimatet sind und Frost, Hitze und Sturm in mehr als 50 Meter Höhe aushalten, so Frank Schulze, Sprecher des Bauherrn Matzen Immobilien. Der grüne Bunker gilt als spektakuläres Highlight im Hamburger Stadtbild: ein öffentlich frei zugänglicher Dachgarten in 58 Meter Höhe, mit insgesamt mehr als 10.000 Quadratmeter Grün-, Fassaden- und Gemeinschaftsflächen. Zudem gibt es Räume für Stadtteilkultur, Ausstellungsflächen, Urban-Gardening-Möglichkeiten, Unterkünfte für Stipendiaten und Künstler, eine moderne Dreifeldhalle für Schulsport und Kulturveranstaltungen sowie ein „Reverb by Hard Rock“-Hotel mit 134 Zimmern. Und: Zum ersten Mal erhält der historische Ort einen Erinnerungs- und Informationsort. Im ehemaligen Leitstand und an anderen Stellen im Bestandsbau erinnert die Nachbarschaftsinitiative Hilldegarden e.V. an die Opfer des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs. Das außergewöhnliche Projekt vereint ökologische, kulturelle und historische Aspekte. Panoramablick auf Elbphilharmonie, Michel und Hafen inklusive. 

Das Projekt ist großartig, weil es als spektakuläre Begrünungsaktion einen tollen Kontrast in der Stadtarchitektur darstellt, sagte der frühere Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg, Börries von Notz.

Zeitzeuge

Die Pläne für diese weltweit einzigartige Aufstockung sind in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Das liegt auch an den Ausmaßen des früheren Flakturms IV: mit rund 75 mal 75 Meter die Grundfläche ist der Weltkriegsbau ein Monolith. 1942 wurde er in etwa 300 Tagen unter Einsatz von Zwangsarbeitern erbaut. Der graue Koloss sollte zunächst vor allem der Flugabwehr dienen, zudem nutzte das NS-Regime die fast ikonische Festung als Propaganda-Instrument. Während des Zweiten Weltkrieges fanden Zehntausende Hamburger Schutz vor alliierten Luftangriffen. Bereits in den Nachkriegsjahren siedelten sich erste Medienmacher wie Axel Cäsar Springer in dem Bunker St. Pauli an. Im Dezember 1952 sendete der NDR, damals noch NWDR, die erste „Tagesschau“ vom Heiligengeistfeld. Was kaum einer weiß: Auch die erste TV-Ausstrahlung der legendären „Augsburger Puppenkiste“ wurde 1953 von hier live gesendet. 1975 gründete der Hamburger Modefotograf F.C. Gundlach im Bunker die weltweit renommierte Firma PPS. „Selbst in Amerika war der Bunker als Künstlertreff bekannt“, sagte die Fotografenlegende einmal. Seit den 90er Jahren besitzt Matzen Immobilien das Erbpachtrecht für den Bunker und hat den heutigen Mietermix von Unternehmen aus Medien, Kultur und Kreativwirtschaft geschaffen. Sie werden hier auch nach der Aufstockung unverändert ihre Heimat haben.

Denkmalschutz im Blick

Die Realisierung erfolgt von Beginn an in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz und bedeutet auch für die verantwortlichen Bauexperten des Planungs- und Ingenieursbüros phase 10 eine konzeptionelle Herausforderung: Die imposante Tragkonstruktion wiegt insgesamt etwa 33.500 Tonnen – was dem Gewicht von 60 vollbeladenen Airbus A380 entspricht. Der Lastabtrag der Aufstockung erfolgt ausschließlich über 16 massive „Geilinger Stützen“ auf den bis zu 4,5 Meter dicken Bunkeraußenwänden. Ein bepflanzter, fünf Meter breiter „Bergpfad“ führt Besucher nach oben. Der fast 600 Meter lange Weg beginnt ebenerdig beim heutigen Haupteingang am der Nordseite und führt an den Bunker-Außenfassaden entlang hoch zum Dachgarten. Mit den verschiedenen Perspektiven in alle Himmelsrichtungen beginnt das eindrucksvolle Erlebnis zum Dach des grünen Bunkers. Gehalten wird der Pfad von 24 Stahltragarmen; jeder wiegt etwa 5,5 Tonnen und wird mit mehreren, jeweils zwei bis drei Metern langen Gewindestangen in der Außenfassade befestigt.

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